Die US-Investmentbank Goldman Sachs empfiehlt ihren Praktikanten in einer neuen Richtlinie, nicht länger als 17 Stunden am Tag zu arbeiten. Den Praktikanten für die Sommermonate riet die Bank, um Mitternacht nach Hause zu gehen und nicht vor sieben Uhr morgens zurück ins Büro zu kommen. (Die Zeit, 18. Juni 2015).
Work-Life-Balance: Der Begriff ist in aller Munde und macht sich im alltäglichen Sprachgebrauch breit. Doch lässt sich Beruf und Privates überhaupt dauerhaft in Einklang bringen?
Work-Life-Balance: Was steckt dahinter?
Work-Life-Balance impliziere eine gedankliche Trennung zweier Bereiche, die zum Leben gehören, so die Meinung der Gegner dieses Begriffs. Freizeit werde zum Gegenpol zum negativ besetzten „Arbeiten“. Für ein erfülltes Leben braucht es allerdings beides. Psychologen legen diesem Argument die Erkenntnisse Sigmund Freuds zugrunde. Er betrachtete die Unausgeglichenheit des Menschen als wesentlichen Teil seiner Existenz, denn diese führe erst zu einer gesteigerten Produktivität. Die Balance sei hingegen eine Frage der Ausgewogenheit der Lebensepisoden, in denen mal mehr, mal weniger der Beruf die höchste Priorität hat.
Work-Life-Bending
Privatleben und Beruf verschmelzen zunehmend. Diesen Trend belegt das Marktforschungsinstitut YouGov in seiner Studie. Das Institut hat 2014 für die Arbeitsmarktstudie 744 berufstätige Akademiker zu ihrem Arbeitsverhalten befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Privat- und Berufsleben deutscher Arbeitnehmer zunehmend überschneiden. Demnach spielt der genaue Arbeitszeitpunkt bei immer mehr Deutschen keine Rolle. Drei von fünf Arbeitnehmern geben an, auch ab und zu am Wochenende oder an Feiertagen zu arbeiten. Etwa 20 Prozent der Befragten widmet sich dem Beruf sogar regelmäßig einen Tag am Wochenende.
Sich selbst in die Verantwortung nehmen
Arbeitnehmer brauchen ihre Ruhephasen um langfristig leistungsfähig zu bleiben. Experten warnen deshalb davor, das Arbeiten außerhalb der dafür vorgesehenen Zeit zum Dauerzustand werden zu lassen. Sofern es die eigenen Verantwortlichkeiten verlangen, ist Work-Life-Bending innerhalb einer begrenzten Lebensphase in Ordnung. Doch über einen längeren Zeitraum macht diese Art der Arbeit krank, der Preis für steigende Verantwortung und individuelle Entfaltungsmöglichkeiten. Psychologen raten deshalb zum ersten Schritt: Die hohe Belastung offen im Unternehmen anzusprechen. Denn eigenverantwortlich arbeiten heißt auch das Bewusstsein für sich selbst zu schärfen:
Wenn schon Autonomie, dann richtig. Das heißt: Ich arbeite selbstbestimmt, gerade deshalb achte ich auf mich. (Prof. Dr. Andreas Krause, Professor für Angewandte Psychologie, Fachhochschule Nordwestschweiz)
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Titelbild: ©Robert Kneschke