„Der letzte Abschied vom Kindsein“. So ist es in der Januar-Ausgabe des Spiegel zu lesen. Gemeint ist der Rollentausch zwischen Eltern und ihren in vielen Fällen bereits erwachsenen Kindern. Nicht mehr der Nachwuchs benötigt Hilfe und Fürsorge, sondern die Eltern. Manchmal ist es absehbar. Teilweise passiert es von heute auf morgen. Müssen Angehörige ihre Familienmitglieder pflegen, so kostet das viel Zeit, Geld und Nerven.
Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2015 insgesamt 2,9 Millionen Menschen pflegebedürftig. Beinahe die Hälfte davon wird von Angehörigen und ohne die Hilfe eines Pflegedienstes versorgt (1,4 Millionen). Weitere 0,7 Millionen Menschen leben zu Hause, erhalten jedoch Unterstützung vom Pflegedienst. Stationär in Pflegeheimen leben 0,8 Millionen Bedürftige.
Die Rente reicht nicht
Mit welchen Kosten müssen Kinder pflegebedürftiger Eltern rechnen? Allein eine im Haushalt lebende Hilfskraft kostet laut der Hans-Böckler-Stiftung monatlich durchschnittlich 1.800 Euro. Demgegenüber steht eine durchschnittliche gesetzliche Regelaltersrente für Männer von 824 Euro im Monat. Frauen erhalten 472 Euro. So eine aktuelle Analyse der Deutschen Rentenversicherung. Die durchschnittliche Rente der Deutschen liegt übrigens bei 1.090 Euro. Die im Haushalt lebende Hilfskraft ist für viele unleistbar. Können Pflegebedürftige nicht auf ihre Angehörigen zurückgreifen, bleibt nur noch die Sozialhilfe.
„Pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung sind Personen, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können.“ (Sozialgesetzbuch SGB XI)
Pflegebedürftig oder nicht?
Pflegeleistungen sind abhängig vom Pflegegrad. Mit einem kostenlosen Pflegegradrechner können sich Kunden einen ersten Überblick verschaffen, ob sie oder ihre Angehörigen Anspruch auf einen Pflegegrad haben. Letztendlich bewertet das jedoch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK). Von seiner Einschätzung ist die Zusage der Pflegekasse abhängig.
Schritt für Schritt den Pflegegrad beantragen:
- Pflegebedürftigkeit abklären: Das kann beim Hausarzt oder auch vom Sozialdienst erfolgen. Ist die betroffene Person im Krankenhaus oder in einer Reha-Einrichtung, kann schon dort eine Einschätzung erfolgen.
- Antrag auf Pflegeleistung stellen: Diesen muss der Pflegebedürftige selbst stellen und unterschreiben. Kann er diesen nicht mehr selbst beantragen, ist eine Person mit Vollmacht ebenso dazu berechtigt. Den Antrag können Betroffene bei der Pflegekasse oder Pflegeversicherung stellen. Pflegeleistungen erhalten sie ab dem Tag der Antragstellung. Dieser lässt sich am einfachsten mit einem schriftlichen Antrag belegen.
- Formular ausfüllen: In einem Fragebogen geben Antragsteller an, wer die pflegebedürftige Person ist und ob sie Pflegegeld, Sachleistungen (also Dienstleistungen eines Pflegedienstes) oder Kombipflege in Anspruch nehmen möchte. Hier empfiehlt sich in Anlage die Begutachtung des MDK. Ein Angehöriger oder Mitarbeiter des Pflegedienstes sollte unbedingt anwesend sein.
- Begutachtung durch den MDK: Die Gutachter kontaktieren die Antragsteller persönlich und vereinbaren einen Hausbesuch. Weitere Infos, wie diese Prüfung genau abläuft, gibt es hier.
Hier geht’s zur Übersicht über die Höhe des Pflegegelds nach Pflegegraden.
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