Nicht gemeinsam im Aufzug fahren, kein Händeschütteln zur Begrüßung und „Stehungen“ statt Sitzungen. Persönliche Meetings vor Ort haben sich nach dem Corona-Lockdown ohne Zweifel geändert. Das stellte auch unser Team der NewFinance Redaktion bei einem Besuch in der Versicherungskammer fest – unser erster Termin vor Ort. Nun fragen wir auch bei den Vermittlern nach: Wie haben sich persönliche Kundentermine nach dem Lockdown verändert?
Meryem Tag: Volles Verständnis von Kundenseite
Die Anwärterin auf den diesjährigen Sieg des JungmaklerAwards kann sich noch exakt an den ersten Termin nach dem Lockdown erinnern:
„Mein erster Kundentermin war in einer Commerzbank Filiale am Münchner Ostbahnhof. Der Termin fand am 26. März statt und wurde erstmalig mit hohen Schutzvorkehrungen durchgeführt.“
Abgesehen von den Schutzmaßnahmen und Mindestabstand war aber auch dieser Termin vor Ort wie jeder andere. Tags Bedenken, der Kunde könnte es negativ auffassen, wenn ihm nicht die Hand gegeben wird: unbegründet. Die Beratungsstruktur ihres Unternehmens Nero Finance stellte die Jungmaklerin allerdings stark auf das Telefonieren um: „Plötzlich hing ich stundenlang in Telefonaten, da der persönliche Kontakt vorerst nicht möglich war.“ Auch ein paar Videoberatungen führte sie durch, überwiegend beriet sie aber per Telefon.
Peter Bartz: Business as usual, dank Umbau und klaren Ansagen
Für Vermittler Peter Bartz der bvm Bartz Versicherungsmakler GmbH war es auch während des Lockdowns Business as usual. Die Lösung? Entsprechende Distanz in den Besprechungsräumen oder Plexiglasschutz zwischen den Gesprächspartnern. Außerdem: Handdesinfektion am Eingang, Arbeitsplatzdesinfektion, Mund- und Nasenschutz für die Besucher der Büroräume. Die ersten externen Termine fanden bereits Ende März und Mitte April statt: Sturmschadenbesichtigung einer Schweinemastanlage. Nichts, was Bartz vom Büro aus vornehmen könnte. Er selbst sagt, seine Kunden seien generell eine disziplinierte Zielgruppe:
„Klare Ansage unsererseits zur Einhaltung der Corona Vorsichtsmaßnahmen und Vorgaben wurden anstandslos akzeptiert. Seitens unserer Mandanten sind Vorschriften, wenn auch bisher zur Tier- und Fleischhygiene, seit langer Zeit selbstverständlich.“
Digitalisierung ist für Bartz kein Fremdwort. Er erklärt: „Da sich 90 Prozent der Betriebe unserer Mandanten nicht in „Kirchturmdistanz“, sondern gestreut zwischen Ostsee und Alpen befinden, ist unser Miteinander schon seit Gründung der Gesellschaft weitestgehend digital.“ Die Kommunikationsmöglichkeiten werden nun aber zusätzlich ausgebaut, um auf dem neusten Stand zu sein. Vor allem aufgrund des bestehenden Risikos, dass regelmäßige Jahresgespräche vor Ort nicht mehr in der bisherigen Form durchführbar sein könnten.
Roland Aschenberger: Die Vorfreude war riesig
Für Roland Aschenberger, Regionalleiter bKV Süddeutschland, war der erste Termin vor Ort beinahe „wie Weihnachten und Ostern an einem Tag“. Auch der Kunde freute sich Ende Mai, nach einer langen Zeit im Homeoffice auf den persönlichen Austausch. Ein großer Vorteil gegenüber bisherigen Terminen:
„Die Anreise war schneller als vor Corona, denn die Autobahnen waren frei.“
Vor Ort waren auch hier die Hygieneregeln zu beachten. Speziell beim Betreten der Räumlichkeiten war auf das Tragen des Mundschutzes zu achten sowie eine Sitzordnung mit Mindestabstand. Auch auf den sonst üblichen Handschlag bei der Begrüßung wurde verzichtet. Bedenken vor dem Termin hatte Aschenberger jedoch keine. Er war sich bewusst:
„Wenn alle Beteiligten sich an die Spielregeln halten sind Präsenztermine aus meiner Sicht problemlos möglich.“
Onlineberatung war auch schon vor Corona Thema der Versicherungskammer. Was sich durch Corona allerdings drastisch verändert hat? Die Akzeptanz des digitalen Angebots. Bereits früh stellte der Versicherer das Schulungsangebot für Geschäftspartner auf Webseminare um. Die Vermittler nahmen das laut Aschenberger sehr positiv an. Auch der direkte Austausch oder die Vertriebsunterstützung über Videoberatungstools sei inzwischen etabliert. In Zukunft werden diese Möglichkeiten vieles erleichtern. Der Reiseaufwand wird weniger werden. Dennoch sagt er:
„Das persönliche Gespräch beim Firmenkunden, die Live- Schulungsveranstaltung vor Ort und das damit verbundene, unmittelbare Feedback sind durch nichts zu ersetzen.“
Jennifer Brockerhoff: Vertrauensbasis auch in digitalen Terminen
Auch Jennifer Brockerhoff, ehemals Erstplatzierte des JungmaklerAwards, war dankbar über den ersten persönlichen Termin Anfang Juni. Bis dahin hatte sie alle Termine der Brockerhoff Finanzberatung per Videocall oder telefonisch geführt.
„Die Begrüßung von Kunden ist natürlich seit Corona komplett anders. Alle Kunden kommen mit Maske ins Büro und legen diese im Besprechungszimmer ab. In den Waschräumen stehen Desinfektionsmittel bereit und eine ausführliche Beschreibung, wie am besten die Hände gewaschen werden. Händeschütteln ist natürlich seit Corona tabu und alle achten auf den Mindestabstand“, beschreibt Brockerhoff das Wiedersehen.
Um auch während des Lockdowns weiterhin für ihre Kunden da zu sein, hatte sie bereits im März die Möglichkeit der Online-Terminvereinbarung auf ihrer Homepage integriert. Bei der Art der Beratung wählten Kunden erstaunlich oft den Videocall. In den Gesprächen selbst erhielt Brockerhoff das Feedback, dass dies Kunden sogar lieber ist, da sie sich Anfahrtszeiten und die Parkplatzsuche sparen. Langjährige Kunden, die die Finanzberaterin persönlich kennen, ziehen hingegen das Gespräch vor Ort vor. Auch sie selbst will diese nicht missen, auch, wenn durchaus auch durch Videocalls Vertrauen geschaffen werden könne.
Max Niedernhuber: Es ist nicht viel digitaler geworden
Der Finalist des diesjährigen JungmaklerAwards und Geschäftsführer der TölzFinanz GmbH & Co. KG sagt über sich und sein Geschäftsmodell: Digital ist nicht für alles die Lösung. Er legt großen Wert auf den persönlichen Austausch. Auch, wenn für Max Niedernhuber nur zwei Wochen des Lockdowns ohne Kundenkontakt vergingen, war der erste Termin vor Ort etwas distanzierter als gewohnt. Das Wiedersehen war durch den stetigen persönlichen Kontakt zwar nicht „lang ersehnt“, dennoch unter etwas anderen Bedingungen. Bedenken gab es vor den Terminen keine. Der Grund: Die Zielgruppe des Jungmaklers.
„Das sind Handwerker, die ohnehin auf Baustellen unterwegs sind. Davon hatte keiner Berührungsängste.“
Selbstverständlich gab es auch digitale Termine. Die überwiegende Meinung lautete hier allerdings: Stundenlang ins Notebook zu starren? Nicht erwünscht. Der Jungmakler kann das gut nachvollziehen:
„Ein 180-Seiten-Konzept bespricht man lieber analog vor Ort.“
Niedernhuber kann aber auch digital. Das 34f-Geschäft läuft beispielsweise schon seit eineinhalb Jahren fast ausschließlich über Zoom. Neu war die Digitalisierung also auch für ihn nicht. Ein Mikrofon, Ringlicht sowie eine bessere Kamera mussten nun dennoch her. Wenn schon, denn schon. Das Fazit des Jungmaklers: Ein Handwerksbetrieb wird sich auch in zehn Jahren nicht ausschließlich digital beraten lassen. Für Unterschriften oder Rückfragen können man sich den Weg aber sparen und die Digitalisierung nutzen. Für Max Niedernhuber und seine Kunden sei daher zukünftig eine Hybridlösung der ideale Kompromiss. Die Termine vor Ort will er sich aber ganz sicher nicht nehmen lassen.
Titelbild v.l.n.r: © Meryem Tag, Roland Aschenberger Versicherungskammer Maklermanagement Kranken GmbH, Max Niedernhuber, Jennifer Brockerhoff, Peter Bartz