„Papa, Papa, ich will einen Hund! Bitte, bitte!“ Schön wäre es ja schon, aber wer leistet dem Tier tagsüber Gesellschaft, wenn die Kinder in der Schule und die Eltern bei der Arbeit sind? Das enttäuschende Gegenargument lautet häufig: „Keine Zeit, wir sind nicht zu Hause.“ Der coronabedingte Lockdown setzte dieses Argument zumindest zeitweise außer Kraft. Wie die Tagesschau berichtet, sind die Tierheime so leer wie lange nicht. Das Homeoffice brachte Zeit sowie den Wunsch nach Abwechslung und tierischer Gesellschaft. Inzwischen aber pendelt sich der pre-Corona Alltag allmählich wieder ein und den Neubesitzern der Tiere stellt sich die Frage: Wohin tagsüber mit dem Hund? Wir sprachen mit dem Experten Martin Markowsky. Der Versicherungsmakler und Spezialist für Tierversicherungen zeigt, warum mit guter Vorsorge kaum etwas dagegen spricht, einen Bürohund zu halten.
Redaktion: Den Nachrichten zufolge wurden die Tierheime während Corona regelrecht geplündert. Theoretisch eine positive Entwicklung. Doch inwieweit haben Sie hierzu Bedenken?
Martin Markowsky: Die Entwicklung der Nachfrage nach Hunden während der Corona-Zeit habe ich von Anfang an kritisch verfolgt. Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit als Versicherungsmakler auf diesem Feld wurde mir die stark angestiegene Nachfrage in vielen Gesprächen bestätigt. Diese war plötzlich deutlich höher als die Zahl der zu vermittelnden Hunde. Selbst über Züchter ist es in Deutschland aktuell so gut wie nicht möglich, in diesem Jahr noch einen Hund zu erhalten. Viele Menschen sahen die Möglichkeit, ohne längeren Urlaub einen Hund als Familienmitglied aufzunehmen und mit der Erziehung zu beginnen. Die aktuelle Situation ließ dies aufgrund von Homeoffice und der vermeintlich gewonnenen Zeit plötzlich zu. Was ich aber gerade erlebe ist, dass viele Berufstätige jetzt feststellen, dass ein Hund mehr braucht als sechs Wochen Aufmerksamkeit. Das Thema Homeoffice hat sich für viele erledigt und sie müssen wieder ins Büro oder zur Arbeit. Was passiert jetzt mit der Fellnase?
Sich einen Hund anzuschaffen ist keine Entscheidung, die man mal eben so treffen sollte. Es bedeutet Verantwortung für ein Lebewesen mit Gefühlen.
Umso mehr macht es mich wirklich traurig und teilweise wütend, dass sich die Tierheime wieder füllen, weil Hunde abgegeben oder schlimmer noch, ausgesetzt werden. Den Hund mit ins Büro zu nehmen, ist leider oft keine Alternative.
Redaktion: Was würden Sie Arbeitgebern raten, die sich nicht sicher sind, ob sie Hunde im Büro erlauben sollten. Empfiehlt sich eine Regulierung, wenn beispielsweise mehrere Mitarbeiter Hunde mitbringen möchten?
Martin Markowsky: Randolph T.Barker von der Viginia Commonwealth Universitiy hat in einer Studie herausgefunden, dass Hunde am Arbeitsplatz dazu führen, dass die Besitzer sich messbar weniger gestresst fühlen. Die Anwesenheit von Hunden führte sogar häufig zu einer Steigerung des Wohlbefindens aller Mitarbeiter. Andere Studien haben unter anderem festgestellt, dass das Hormon Oxytocin hier eine große Rolle spielt. Dieses Hormon fördert soziale Kontakte, senkt den Blutdruck und wirkt sich positiv auf die Herzfrequenz aus. Hunde und Menschen schütten dieses Hormon beispielsweise beim Streicheln aus. Dazu kommen ganz einfache Dinge wie das notwendige Spazierengehen, was für regelmäßige Pausen an der frischen Luft sorgt und hilft Spannungen abzubauen. Große Firmen nutzen Bürohunde auch als Branding- oder Imagemaßnahme. Klare Regeln innerhalb des Unternehmens über das WIE/ WIEVIEL/ WO sind unumgänglich! Ansonsten sind Probleme vorprogrammiert.
Redaktion: Sie sind selbst Hundebesitzer. Wie kommen Tier und Kollegen erfahrungsgemäß miteinander aus?
Martin Markowsky: Die Reaktionen sind durchweg positiv. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Hund auf seine Zeit im Büro vernünftig vorbereitet wird und sich an Regeln halten kann. Hierzu zählt zum Beispiel auf seinem Platz liegen zu bleiben, wenn jemand den Raum betritt oder nicht zu bellen, wenn es an der Türe klingelt. Eine gute Erziehung ist Grundvoraussetzung. Negative Erfahrungen habe ich bisher keine gemacht.
Redaktion: … und wenn ein Kollege den Hund überhaupt nicht am Arbeitsplatz tolerieren will?
Martin Markowsky: Das ist dann ein Problem. Als Chef muss ich die Entscheidung treffen, ob ich mich von dem Mitarbeiter trenne oder nicht – Spaß. Ich denke, die Entscheidung wird immer für den Mitarbeiter ausfallen und ein Hund im Büro nicht möglich sein.
Redaktion: Selbst Kollegen, die Tiere mögen, könnten aus allergischen Gründen den Arbeitstag nicht im gleichen Raum mit dem Hund verbringen. Wie könne man das lösen? Und was kann ich als Betroffener tun, wenn der Hundehalter uneinsichtig ist?
Martin: So hart das klingen mag, aber das Büro ist ein Ort, an dem produktiv gearbeitet werden soll. Wenn ein Mitarbeiter allergisch bedingt einen Hund im Büro ablehnt, ist das immer ein K.O.-Kriterium. Die Gesundheit der Mitarbeiter geht immer vor. Gibt es also keine Möglichkeit, den Hund von dem betroffenen Mitarbeiter klar zu separieren, würde ich den Hund im Büro nicht zulassen.
Redaktion: Wer haftet, wenn mein Vierbeiner doch mal einen Sachschaden verursacht oder sogar zubeißt?
Martin: Als Chef gibt es für mich keine Frage – der Hund muss zwingend haftpflichtversichert sein, um genau diese Fälle abzusichern. Da spielt es keine Rolle, ob zum Beispiel in NRW eine Pflicht zu Absicherung nur besteht, wenn der Hund über 20 Kilo wiegt oder über 40 cm groß ist (20/40-Regel). Meine klare Empfehlung. Bitte jeden Hund versichern, egal ob Fußhupe oder „Kalb“! Eine spezielle Absicherung für „Bürohunde“ ist nicht notwendig.
Redaktion: Gibt es gesetzliche Regelungen, an welche Arbeitsplätze Hunde nicht mitgenommen werden dürfen? Und kann oder sollte ich meinen Hund zum Kundentermin mitnehmen?
Martin Markowsky: Ja, die gibt es. Gemäß der europäischen Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene müssen Lebensmittelunternehmer vermeiden, dass Haustiere Zugang zu den Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden. Sonderregelungen gelten hier nur für Blindenführhunde oder andere Assistenzhunde. Für Büros ist mir eine besondere gesetzliche Regelung nicht bekannt. Zu Ihrer Frage, ob ich meinen Hund zu Kundenterminen mitnehmen oder mitnehmen kann: ja klar, warum denn nicht? Natürlich sollte ich im Vorfeld mit meinem Gesprächspartner klären, ob das für ihn in Ordnung ist.
Redaktion: Welche Fragen gilt es vor der Anschaffung eines Bürohundes mit Chef und Kollegen zu klären?
Martin Markowsky: Die erste Frage ist, ob mein Chef sich das grundsätzlich vorstellen kann. Bejaht er diese, und legt klare Regeln für den Hund im Büro fest, ist zu klären, wie die Kollegen mit dem Thema umgehen. Wenn alle einverstanden sind, steht einer Bereicherung des Büroalltages durch einen Hund nichts mehr im Wege. Entscheidend, ob das Büro in Frage kommt, ist zudem der Charakter des Hundes. Im Ergebnis setzt dies voraus, dass der Mensch sich auch intensiv mit seinem Hund auseinandergesetzt hat, das Thema Erziehung nicht vernachlässigt und am Ende als Team funktioniert, um den Büroalltag zu meistern.
Martin Markowsky ist Versicherungsmakler für Hundebesitzer, Hundeberufe und Tierschutzvereine. Als Geschäftsführer von DOGVERS unterstützt er seine Kunden bei der richtigen Absicherungsauswahl und im Schadensfall. Martin Markowsky – selbst leidenschaftlicher Hundebesitzer – versteht sich als Anwalt für Kunde und Hund. „Seit mehr als 30 Jahren helfe ich in meinem Beruf den Menschen aus voller Überzeugung und mit Leidenschaft. Meine Kunden sollen sich sicher fühlen und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Die Zeit mit ihren Fellnasen zu genießen. Um Absicherung und Risikominimierung kümmere ich mich.“ |
Titelbild: ©Martin Markowsky