Bedeutet Mobile- oder New Work tatsächlich, dass ich von überall arbeiten darf? Wie funktioniert hier der Datenschutz? Und welcher Ort eignet sich am besten? Wir haben mit Marco Niedermaier, Versicherungsmakler, der fast hauptsächlich auf Onlineberatung und digitale Prozesse setzt, gesprochen.
Redaktion: Wie genau definierst Du den Begriff “New Work” für Dich?
Marco Niedermaier: Den Begriff New Work verbinde ich mit vielen Themen, die aber alle zu den gleichen Ergebnissen führen: mehr Flexibilität und mehr Zufriedenheit bei der Arbeit.
Das fängt bei ortsungebundenem Arbeiten an, geht über flache Hierarchien und Duz-Kultur bis hin zum leistungsorientierten Arbeitsergebnis unabhängig von der tatsächlichen Arbeitszeit. Ich glaube, letztendlich sollte es immer um drei Punkte gehen: glückliche Kunden, ertragsorientiertes Unternehmenswachstum sowie zufriedene Mitarbeiter.
Redaktion: Wieso hast Du Dich für das Konzept “New Work” entschieden und nach welchem Ansatz arbeitest Du?
Marco Niedermaier: Grundsätzlich bin ich eher faul. Deshalb versuche ich mir den Arbeitsalltag zu erleichtern, indem ich wiederkehrende Prozesse optimiere und digitalisiere. Und zudem arbeitete ich schon vor Corona volldigital inklusive Videoberatung.
Mir ist es wichtig ortsunabhängig zu sein, deutschlandweit beraten zu können und keine Zeit durch Fahrten mehr zu verlieren.
Redaktion: Von welchen “alten” Arbeitsmethoden möchtest Du Dich dennoch nicht trennen?
Marco Niedermaier: Auch wenn es schön klingt zu arbeiten “wann man will” und 9-to-5-Jobs ja total uncool und out sind – ich brauche gewisse Strukturen. Deshalb ist mein Arbeitsalltag zeitlich schon gewissermaßen festgelegt, weil ich sonst zu sehr in den Tag hinein lebe und unproduktiv werde.
Redaktion: Welche Vorteile hat es, digitaler Nomade zu sein, und welche Risiken birgt es?
Marco Niedermaier: Ich würde mich selbst als halben digitalen Nomaden bezeichnen. In Deutschland habe ich einen festen Wohnsitz, zahle Steuern und bin hier auch krankenversichert, übrigens bei der Versicherungskammer / UKV. Ich bin auch nicht so viel im Ausland wie ursprünglich mal geplant. Gerade diese Punkte werden aber oft als Vorteile des digitalen Nomadentums herausgestellt – ob sie das auch wirklich alle sind, sei mal dahingestellt.
Die Risiken werden sich bei vielen später zeigen: die mangelnde Absicherung bei Krankheit und im Alter.
Und vielleicht wird man für die normale Arbeitswelt auch total verdorben, wenn man diesen “Lifestyle” einmal genießen durfte.
Redaktion: Wie behandelst Du das Thema Datenschutz?
Marco Niedermaier: Gerade in der Versicherungsbranche und beim Umgang mit solch sensiblen Daten wie Gesundheit und Finanzen versteht es sich von selbst, dass der Datenschutz eine riesige Rolle spielt. Und zwar unabhängig davon, ob ich als digitaler Nomade unterwegs bin oder ein ortsgebundenes Büro habe. Neben den grundlegenden Erfordernissen wie kryptischen Passwörtern, Verschlüsselungssoftware, Firewall und Virenschutz gibt es beim Arbeiten von unterwegs aber noch mehr zu beachten. In welcher Umgebung befinde ich mich? Kann jemand mithören oder sehen, was ich auf dem Laptop mache? Und natürlich sind ungesicherte, öffentliche Netzwerke tabu.
Redaktion: Welche Tipps hast Du, die es digital Arbeitenden leichter machen, ortsunabhängig zu arbeiten?
Marco Niedermaier:
- IP-Telefonie: Damit ist man weltweit unter einer deutschen Festnetznummer erreichbar und telefoniert gleichzeitig noch super günstig. Ich nutze sipgate!
- Digitaler Briefkasten: Somit kann man seine Post weltweit empfangen und spart sich die Zeit fürs Einscannen. Noch besser ist es natürlich, wenn die Korrespondenz direkt elektronisch erfolgt.
- Auf dem gleichen Längengrad bleiben: Wer viel Kontakt zu Kunden und Kollegen in Deutschland hat, sollte ungefähr auf dem gleichen Längengrad bleiben, damit die Zeitverschiebung nicht zu stark ausfällt. Mein Tipp: Südafrika!
Redaktion: Wird flexibles Arbeiten auch in Zukunft ein Thema sein, oder bleibt es eher ein Trend?
Marco Niedermaier: Vielen Menschen wurde durch Corona flexibles Arbeiten nun erstmals ermöglicht. Wobei sich flexibles Arbeiten dabei wohl meist nur aufs Homeoffice bezieht. Das kann cool sein, wenn die passenden Voraussetzungen da sind, muss es aber nicht. Ich bin davon überzeugt, dass viele Firmen mittlerweile die Vorteile darin sehen und merken, dass Mitarbeiter nicht unbedingt unproduktiver sind, wenn sie etwas freier arbeiten können. Es hängt vom individuellen Mensch ab, ob das gut funktioniert, oder nicht. Dass in Zukunft alle nur noch aus dem Homeoffice arbeiten, glaube ich nicht. Aber es wäre doch schön, wenn man morgens entscheiden könnte: fahre ich heute bei schönem Wetter mit dem Rad ins Büro? Oder möchte ich lieber nicht raus, weil es regnet und ich ohnehin keine Präsenztermine habe.
Ein bisschen mehr Flexibilität würde einigen Firmen schon gut stehen.
Das sorgt auch bei den Mitarbeitern für mehr Zufriedenheit und wirkt sich auf die Produktivität aus.
Redaktion: Wie reagiert die Branche Deiner Meinung nach auf die modernen Arbeitsformen?
Marco Niedermaier: Im September 2019 habe ich mich als Makler selbständig gemacht und von Anfang an war klar, dass ich alles digital machen wollte. Mein erster Antrag wurde direkt abgelehnt, wegen der elektronischen Kundenunterschrift.
Was in den folgenden Monaten geschah, hatte ich unserer Branche nach mehr als zwölf Jahren Zugehörigkeit nicht zugetraut.
Flächendeckend Homeoffice für die Mitarbeiter von heute auf morgen, elektronische Unterschriften werden jetzt durch die Bank akzeptiert und viele Vermittler sind in der Onlineberatung mittlerweile sehr souverän. Das ist durchaus mehr als ich erwartet hatte. Bei meinem Ausbildungsbetrieb hieß es immer: “Wir sind ein Öltanker, Entscheidungen dauern und bis sie umgesetzt sind, noch viel länger”. Immer wieder zeigt sich, dass vieles geht, wenn es darauf ankommt!
Marco Niedermaier, buXperts, ist seit September 2019 selbständiger Versicherungsmakler. Sein Spezialgebiet: Arbeitskraftabsicherung. Außerdem war er Jungmakler-Finalist 2020. |
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Titelbild: © Marco Niedermaier