Der Lehrerberuf erfährt nicht zuletzt durch die Pandemie große Herausforderungen. Wie ist die Stimmung in der Zielgruppe? Und wo liegt der Bedarf? Wir sprachen darüber mit Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Dachverbandes Deutscher Lehrerverband.
Redaktion: Herr Meidinger, wie wertvoll Lehrer im Alltag der Kinder sind, haben viele Eltern nicht zuletzt durch Corona erkannt. Worin liegen die größten Herausforderungen des Berufs?
Heinz-Peter Meidinger: Lehrkraft zu sein, ist nach wie vor ein schöner Beruf, der viel Freude machen kann. Aber klar, die Belastungen sind auch sehr hoch. Wer Kinder heute unterrichten will, braucht viel Kraft, eine hohe Selbstmotivation, ein gutes Zeitmanagement und eine hohe Stressresistenz. Die Heterogenität der Schülerschaft hat zugenommen, auch die Forderungen der Politik an Schule sowie die Erwartungshaltung von Eltern sind gestiegen.
Redaktion: … und worin liegen gerade derzeit die Herausforderungen des Lehrerberufs?
Heinz-Peter Meidinger: Der Eindruck, der in letzter Zeit manchmal in der Öffentlichkeit erweckt wurde, Lehrkräfte hätten sich während der Zeit der Schulschließungen ein schönen Lenz gemacht, ist total falsch. Gerade das Problem, von heute auf morgen neue Kommunikationswege zu eröffnen, sich in digitale Tools einzuarbeiten, Kindern individuelle Rückmeldungen zu geben und per Distanzunterricht abgehängte Schüler zu erreichen, hat die Schulen und uns Lehrer enorm heraus gefordert. Da ist von der großen Mehrheit auch wirklich Großartiges geleistet worden.
Redaktion: Das klingt durchaus nach herausfordernden Zeiten. Wie sind Lehrbeamte Ihrer Erfahrung nach abgesichert?
Heinz-Peter Meidinger: Mit Sicherheit ist die Absicherung im Falle von Berufs- beziehungsweise Dienstunfähigkeit bei verbeamteten Lehrkräften besser als bei angestellten. Aber auch da gibt es Lücken, etwa was die Phase des Vorbereitungsdienstes anbetrifft, also während des Status als Beamter auf Widerruf und die ersten Berufsjahre. Inwiefern da eine zusätzliche Absicherung sinnvoll ist, hängt natürlich stark von den jeweiligen persönlichen Umständen ab.
Redaktion: Würden Sie sagen, dass sowohl Schüler als auch Eltern den Lehrern gegenüber selbstbewusster auftreten als noch vor einigen Jahren? Inwieweit hat das Auswirkungen auf Zusatzversicherungen wie beispielsweise Rechtsschutz?
Heinz-Peter Meidinger: Als Vorsitzender eines großen Lehrerverbands spüre ich natürlich, dass das Bedürfnis der Kolleginnen und Kollegen, in Konfliktfällen mit dem Dienstherrn oder auch Eltern und Dritten, über einen guten Rechtsschutz zu verfügen, gestiegen ist. Deshalb bieten ja auch die meisten unserer Mitgliedsverbände dazu in Kooperation mit Versicherungsunternehmen Verträge mit Sonderkonditionen an.
Öffnungsaktionen für Beamte seit dem 1. Oktober 2020
Auch in hinsichtlich der Krankenversicherung gibt es noch Lücken zu schließen. Seit dem 1. Oktober 2020 bis zum 31. März 2021 können Beamte und deren Angehörige daher an der PVK-Sonder-Öffnungsaktion teilnehmen, die bisher in Gesetzlichen Krankenkassen versichert sind. Laut dem PKV-Vorsitzenden Dr. Ralf Kantak “profitieren insbesondere Beamtinnen und Beamte, bei denen Vorerkrankungen bestehen, die nach dem Äquivalenzprinzip der PKV üblicherweise hohe Risikozuschläge erfordern oder einen Versicherungsschutz sogar ganz ausschließen können.” Die Zielgruppe der Sonder-Öffnungsaktionen schließt alle bereits Verbeamteten, die bei der Verbeamtung keinen Zugang über die Öffnung gewählt haben oder sich aus – vermutlich Unkenntnis – für die GKV entschieden haben, ein.
Carsten Bernd über die Sonder-Öffnung
Wo Heinz-Peter Meidinger eine Bedarfslücke sieht, weißt Carsten Bernd, Regionalleiter Hamburg, Niedersachsen, jedoch auf folgendes hinsichtlich der Zielgruppe Auszubildender hin: “Der Beamte auf Widerruf, also in Ausbildung, hat noch einmal die Möglichkeit zur Aufnahme im Rahmen der Öffnungsaktion, wenn er auf Probe verbeamtet wird. Wenn dieser jedoch bereits einmal an einer Öffnungsaktion teilgenommen hat, besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Es ist also empfehlenswert, die Option bei der Verbeamtung auf Probe zu ziehen.” Gründe nennt Bernd hierfür zwei: Zunächst werden dann die endgültigen Tarife ausgewählt. Anwärter-Tarife, die häufig als Lockangebot gelten, werden damit vermieden. Außerdem könnten sich die Konditionen geändert haben. Beispielsweise durch einen veränderten Gesundheitszustand des Beamten. Der Beamte auf Widerruf riskiert also nur in der Ausbildungszeit GKV versichert zu sein. Dieser Schutz ist laut Bernd in der Zeit auch nicht besonders teuer.
Und wo sieht nun der Versicherer Lücken in der Absicherung, die eine Öffnungsaktion sinnvoll machen? Auch hierzu hat Carsten Bernd eine klare Antwort, die nicht pauschalisiert: “Die Öffnungsaktion ist dann sinnvoll, wenn ein normaler Zugang aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Die GKV ist eine schlechte Alternative für den Beamten, weil er hier den vollen Beitrag, also 14,6%, gegebenenfalls zuzüglich Zusatzbeiträgen, entrichten muss. Er erhält zudem keinen AG Zuschuss, wenn das Bundesland keine pauschale Beihilfe zahlt. Ansonsten sind die Lücken die gleichen wir für alle GKV Versicherten. Die Beihilfe in Verbindung mit der Absicherung der Restkosten in der PKV bedeutet dann allerdings, dass der Beamte den Status eines Privatpatienten hat.”
Heinz-Peter Meidinger ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Der Oberstudiendirektor studierte die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Philosophie in Regensburg. Es folgte die Lehrtätigkeit an verschiedenen Gymnasien. Von 2001 bis 2003 war Meidinger stellvertretender Vorsitzender des DPhV, von 2003 bis 2017 Bundesvorsitzender des Deutschen Philologenverbandes. Im Juli 2017 trat Heinz-Peter Meidinger das Amt als Präsident des Dachverbandes Deutscher Lehrerverband an. |
Titelbild: © Deutscher Lehrerverband