So langsam öffnet sich nach 1,5 Jahren Pandemie die Welt wieder zaghaft für den Tourismus. Trotzdem bleibt ein Restrisiko. Wir haben mit Christian Solmecke, Abteilungsleiter Reiseversicherung und Auslandsgeschäft der Union Krankenversicherung AG, darüber gesprochen, wie sich Kunden gegen eine Erkrankung mit Covid-19 sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich bis hin zum Rücktransport absichern können.
Redaktion: Die Liste an Risiko-, Varianten- und Hochinzidenzgebieten ist auch im Juli 2021 noch sehr lang: Was muss ein Kunde beachten, wenn er in eines der Gebiete reisen möchte?
Christian Solmecke: Die Liste verändert sich vor allem immer wieder sehr unstet. Aufgrund der sinkenden Inzidenzen gingen wir noch vor wenigen Wochen davon aus, dass alle Zeichen auf Restart stehen. Aktuell ist aufgrund der Variantengebiete, steigenden Inzidenzen und Risikogebiete und der daraus resultierenden politischen Diskussion vor allem um Reiserückkehrer die Zuversicht etwas zurückgegangen. Die Kunden nehme ich als unsicher und zurückhalten war. Deshalb kann ich nur raten, sich im Vorfeld möglichst genau mit dem Reiseziel, der Coronasituation vor Ort auseinanderzusetzen und mit der medizinischen Versorgung und den Einreisevoraussetzungen auseinanderzusetzen. Weil das nicht immer so einfach ist, bieten wir unseren Kunden den Service “Travelinfo” als Bestandteil unseres Servicepakets “Medical Protect plus” an und beantworten genau diese Fragen.
Redaktion: Wie sollten Kunden reagieren, wenn das Reiseziel kurz vor der Abreise zu einem Risiko- oder Variantengebiet erklärt wird?
Christian Solmecke: Oft werden Kunden erst kurz vor oder sogar erst im Urlaubsgebiet davon überrascht, dass die Region als Risiko- oder Variantengebiet eingestuft wird. Dagegen kann man sich kaum bis gar nicht absichern. Für unseren (Auslandsreise-)Krankenversicherungsschutz spielt solch eine Entwicklung aber keine Rolle. Wenn der Kunde vor Ort erkrankt, hat er vollen Versicherungsschutz.

Wir beobachten, dass der Pauschalreiseveranstalter oft sehr schnell reagiert. Das Problem entsteht vielmehr, wenn er nach der Rückreise in Deutschland in Quarantäne muss. Wir beobachten, dass der Reiseveranstalter sehr schnell reagiert und vorzeitige Rückreisemöglichkeiten anbietet beziehungsweise Kunden kostenfrei zurückkehren können.
Redaktion: Stichwort Quarantäne: 2020 war es durchaus knifflig, wenn ein Kunde während einer Reise in Quarantäne musste. Gibt es inzwischen eine Reiseabbruchversicherung beziehungsweise eine andere Lösung?
Christian Solmecke: Quarantäne ist und bleibt ein komplexes Thema, weil es von Land zu Land unterschiedliche Regelungen gibt. In einigen Ländern übernimmt der Staat die Kosten, in anderen wiederum zahlt der Kunde. Bei der Auslandskrankenversicherung ist es so, dass Quarantäneleistungen – weil dort keine medizinisch notwendige Behandlung stattfindet – kein versicherter Teil unserer Produkte sind. Wir haben die Situation über die Tarife Reiserücktritt und -abbruch gelöst. Dort können Kunden das Risiko ganzheitlich absichern und wählen, wie umfangreich der Versicherungsschutz sein soll. In der Praxis nehmen wir das Thema Quarantäne aber fast nicht wahr.
Redaktion: Spielt der Impfschutz für die Reiseversicherung eine Rolle?
Christian Solmecke: Nein, für den Versicherungsschutz spielt er keine Rolle. Das Impfen ist die persönliche Entscheidung des Kunden, weshalb wir uns entschieden haben, das nicht als Versicherungsbedingung aufzunehmen.
Redaktion: Wie hat sich 1,5 Jahre Pandemie auf die Auslandskrankenversicherung ausgewirkt. Welche Veränderungen haben sich für Kunden und Vermittler ergeben?
Christian Solmecke: Gereist wurde in den vergangenen 1,5 Jahren wenig. Immer dann, wenn Kunden reisen konnten, stellten wir fest, dass sie sich sehr viel intensiver und aktiver mit dem Thema Reise- oder Auslandskrankenversicherung auseinandergesetzt haben. Wir merken auch, dass sich die Fragen um ganz andere Themenfelder drehen und Kunden viel detaillierter nach Sachverhalten und Serviceangeboten fragen und wissen wollen, wie der Versicherer genau hilft. Sie wollen das Gefühl haben, im Notfall gut abgesichert zu sein: Vor der Reise gegen eine eventuelle Stornierung, auf der Reise gegen eine mögliche Erkrankung. Dabei sind die medizinische Versorgung vor Ort die Rückerstattung von Preisen im Falle einer Stornierung wichtig.
Das Verhalten springt natürlich auf den Vermittler über, die das gestiegene Interesse der Kunden an der Auslandskrankenversicherung und dem Service deutlich wahrnehmen.
Redaktion: Ist der Anspruch der Kunden an ihre Versicherung also seither gestiegen?
Christian Solmecke:Vermittler müssen nun auf detaillierte Kundenfragen besser vorbereitet sein. In der Vergangenheit war es oftmals so, dass der Kunde eine Reiseversicherung – sei es Rücktritt- oder Krankenversicherung – einfach mitgekauft hat, ohne sie groß zu hinterfragen. Reiserisiken wurden verdrängt. Das hat sich nun geändert. Der Kunde setzt sich viel intensiver mit Reiserisiken auseinander – und das nicht nur in Bezug auf Coronarisiken. Die Affinität zum Service und die Auseinandersetzung mit dem Produkt an sich ist dadurch gestiegen. Ich würde also schon sagen, dass der Kunde anspruchsvoller geworden ist und mehr Service vonseiten der Vermittler und Versicherer erwartet.
Redaktion: Hat sich dadurch auch die Kommunikation mit dem Kunden verändert?
Christian Solmecke: Indem der Kunde den Reiseschutz nicht mehr nebenher bucht, haben Missverständnisse deutlich abgenommen. Wir haben entsprechend versucht, ein Kommunikationsmodell mit dem Kunden aufzubauen und unsere Informationsversorgung sicherzustellen. Zum Beispiel bieten wir FAQ-Listen im Internet an, wodurch der Kunde sich sehr genau über die Tarife und Rahmenbedingungen informieren konnte.
Redaktion: Man unterscheidet zwischen einer langfristigen Krankenversicherung und einer Urlaubsreisepolice: Sind damit auch Kunden, die sich länger in einem Risiko- beziehungsweise Variantengebiet befinden, abgesichert?
Christian Solmecke: Vom Grundsatz macht es keinen Unterschied. Kunden mit einer langfristigen (Auslands-)Krankenversicherung leben im Ausland für einen längeren Zeitraum. Auch sie sind mit unseren Produkten vollständig versichert. In dem Fall handelt es sich um ein Substitut zu einer Krankenvollversicherung. Die Kunden haben entsprechend andere Ansprüche an den Versicherungsschutz als jene, die eine Urlaubspolice als Ergänzung für wenige Wochen abschließen. Im konkreten Fall einer Coronaerkrankung erstatten beide Tarife entsprechend ihrem Leistungsportfolio.
Redaktion: Wie schätzen Sie die Reisetätigkeit Ihrer Kunden in den kommenden Monaten ein?
Christian Solmecke: Wir erhalten derzeit deutlich mehr Anfragen von Vermittlern und erhalten viele Rückfragen zu unseren Produkten. Aktuell gibt es einen Nachfragestau, der sich zunehmend auflöst. Wir rechnen damit, dass die Reisetätigkeit bis zum Herbst kontinuierlich zunimmt. Auch wenn durch die aktuelle Entwicklung etwas Unsicherheit entstanden ist, zeigen die meisten Studien von einer ungebrochenen Nachfrage aus.
Weitere Informationen zur Auslandskrankenreiseversicherung und dem Portfolio der Versicherungskammer Maklermanagement gibt es auf der Website.
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