Dezember 2019: Die finnische Premierministerin Sanna Marin fordert eine 4-Tage-Arbeitswoche mit maximal sechs Stunden Arbeit pro Tag. Die aufstrebende Politikerin ist jung – gerade einmal dreißig Jahre alt – und Mutter eines Kleinkindes. Flexible Arbeitszeiten und mehr Freizeit kämen da zu Gute. Immer mehr junge Menschen fordern flexiblere Arbeitszeitmodelle. Unternehmen gelten ohne sie nicht mehr als attraktiv. Aber was bedeutet das eigentlich für Unternehmer? Was sind die Vor- und was die Nachteile von flexiblem Arbeiten? Und wie produktiv sind Mitarbeiter in solchen Modellen wirklich?
Produktivität vs. Arbeitszeit
Alles Humbug! Oder doch nicht? Der 8-Stunden-Tag im Büro ist derzeit das gefragteste Arbeitszeitmodell. Wenngleich es mehr als 200 Jahre alt ist und vorwiegend für Arbeitsplätze in der Industrie eingeführt wurde. Doch sind acht Stunden Arbeitszeit am Tag überhaupt auch acht Stunden produktive Arbeit? Die Antwort aus der Wissenschaft: Ein klares Nein.
So hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung gezeigt, eine kürzere Arbeitszeit und höhere Produktivität hängen signifikant zusammen. Je weniger gearbeitet wird, desto produktiver wird die Zeit genutzt. Und auch in Sachen 8-Stunden-Tag zeigen Studien aus Großbritannien: Effektiv gearbeitet werden davon lediglich drei Stunden. Flexible Arbeitsstrukturen können die Produktivität also steigern. Doch welche Optionen sind sinnvoll?
Teilzeit, Jobsharing & Gleitzeit
Flexible Arbeitszeitmodelle gibt es viele. Dabei unterscheiden sie sich nicht ausschließlich im Umfang der Arbeitszeit, sondern vielmehr in der Präsenzzeit des Mitarbeiters im Büro. Homeoffice, Mobile Office und Gleitzeit sind die Stichworte. Doch wie funktionieren die Modelle?
Gleitarbeitszeit
9 to 5 – das war einmal. Heute bieten die meisten Unternehmen Gleitarbeitszeitmodelle an. Das heißt: Die tägliche Arbeitszeit wird aufgeteilt in eine Kernarbeitszeit, in der eine Anwesenheitspflicht besteht, und eine flexiblen Anwesenheit. So können verbindliche Erreichbarkeiten für Kunden durch die Kernzeiten eingehalten und dem Arbeitnehmer trotzdem Flexibilität geboten werden. Der Nachteil: Gleitzeit eignet sich weniger für Branchen, die auf klassische Öffnungszeiten setzen.
Home Office
Arbeiten von Zuhause aus. Gerade bei langen Arbeitswegen oder vielen Terminen bietet sich das Home Office an. Die Zeiteinteilung ist dann meist Sache des Arbeitnehmers. Diese große Flexibilität geht aber auch mit viel Verantwortung einher. Denn Selbstdisziplin ist hier Pflicht. Und im Gegenzug muss natürlich auch das Vertrauen seitens des Arbeitgebers stimmen. Sind beide Voraussetzungen gegeben, ist das Home Office vor allem eines: Ein echter Mehrwert in Sachen Arbeitnehmersuche. Flexible Arbeitszeiten werden immer attraktiver und ein ausschlaggebendes Argument gegenüber Mitbewerbern auf dem Markt.
Mobile Office
Ähnlich wie das Home Office ist auch im Mobile Office das Arbeiten besonders flexibel. Und zwar in Sachen „Örtlichkeit“. Denn wer einen Termin außerhalb hat, braucht die weite Strecke nicht mehr ins Büro zurückkommen. Voraussetzung hierfür natürlich: Vertrauen des Unternehmers und Organisationsgeschick.
Vertrauensarbeitszeit
Stechuhr ade. Zumindest bei diesem Arbeitsmodell, das komplett auf Vertrauen basiert. Unternehmer legen hier keine Kernarbeitszeit fest. Eine lückenlose Kontrolle der Arbeitszeit entfällt ebenfalls. Was zählt, ist die Erfüllung der Arbeitspflicht. Und damit die Effizienz der Mitarbeiter. Der Vorteil: Die Produktivität steigt in der Regel an. Unternehmer können so Flexibilität bei Erledigung aller Aufgaben gewährleisten. Und machen sich so am Arbeitsmarkt attraktiv.
Der Kampf ums Personal
„Es ist schwer, gutes Personal zu finden.“ So, oder so ähnlich, ergeht es vielen Unternehmern – gerade in der als unattraktiv geltenden Versicherungs- und Finanzbranche. Deshalb sind Benefits für Mitarbeiter ein wichtiger Punkt, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Genau hier setzt flexible Arbeitszeit für eine ausgewogene Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Zudem können sich Unternehmer durch flexible Arbeitszeiten von ihren Mitbewerbern abheben.
Flexibilität, nur welche?
Und hat man einmal die richtigen Mitarbeiter gefunden, bleibt aufgrund der flexiblen Arbeitszeit die Motivation und Produktivität hoch. Weniger Fehlstunden und Krankheitstage sind laut der Bundesagentur für Arbeit die Folge. Und damit zusammenhängend steigt der wirtschaftliche Erfolg an. Ob und welches flexible Arbeitszeitmodell jedoch tatsächlich passt, hängt nicht nur vom Betrieb, sondern auch von den Anforderungen der Stelle ab. Gibt es Öffnungszeiten, viel oder wenig internen Gesprächsbedarf oder sind Arbeitnehmer ständig auf Terminen unterwegs? All dies ist entscheidend für die Arbeitszeit. Und gibt es einen Betriebsrat, muss auch dieser dem neuen Arbeitszeitmodell zustimmen.
Mehr Informationen zum Thema Home Office finden Interessierte auf unserem Blog. Und auch in Sachen Überstunden gibt es einiges zu beachten. Mehr dazu gibt es in diesem Beitrag.
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