Derzeit fesselt die neuste Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ weltweit Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen. Neuster Hauptcharakter: Prinzessin Diana. Für viele gilt sie bis heute als Prinzessin der Herzen. Ihre Gutmütigkeit bewies sie unter anderem auch als aufklärende Vorreiterin auf einem ganz besonderen Gebiet: Der AIDS-Hilfe. Mitte der 80er Jahre eröffnete die Princess of Wales eine Londoner Aids-Spezialambulanz. Der Skandal: Sie schüttelte einem Erkrankten ohne Handschuhe die Hand. Mit dieser Geste bekräftigte sie ihr Statement: „HIV macht es nicht gefährlich, Kontakt zu den Menschen zu haben. Sie können sie in den Arm nehmen und ihnen die Hand schütteln. Sie brauchen es.“ Seither hat sich einiges in der AIDS-Forschung getan. Doch ging mit dem Schrecken auch die Aufklärung verloren?
HIV ist nicht gleich AIDS
AIDS, ausgeschrieben „Acquired Immune Deficiency Syndrome“ bezeichnet eine erworbene Schwäche des Immunsystems. Hiervon sprechen Mediziner allerdings erst dann, wenn in Folge einer unbehandelten HIV-Infektion für AIDS typische Krankheiten auftreten. Diese äußern sich beispielsweise durch Grippesymptome oder eine bestimmte Form der Lungenentzündung. Die Abkürzung HIV bedeutet „Humanes Immundefizienz-Virus“. Übersetzt: menschliches Abwehrschwäche-Virus.
Um die Schwächung der eigenen Abwehrkräfte durch das HIV-Virus und in Folge eine AIDS-Erkrankung zu vermeiden, gibt es inzwischen wirkungsvolle, medikamentöse Behandlungen. Entsprechende HIV-Medikamente unterdrücken das Virus im Körper, wodurch eine HIV-Diagnose längst kein Todesurteil mehr ist. Diese beinhaltet laut Deutscher AIDS-Hilfe ein bis zwei Tabletten am Tag sowie regelmäßige Arztbesuche. Menschen mit HIV können dadurch heute gut und lange leben.
Hingegen dem – Unwissen geschuldeten – Vorurteil aus den 1980er Jahren, die bloße Berührung eines Erkrankten könnte das Virus übertragen, besteht heute sorgfältige Aufklärung. So ist HIV im Alltag nicht übertragbar. Am häufigsten wird HIV beim Geschlechtsverkehr und Drogenkonsum ohne Schutzmaßnahmen übertragen. Inzwischen ist die Medizin sogar soweit fortgeschritten, dass durch Virus hemmende Medikamente einer HIV-Therapie, HIV selbst beim Sex nicht übertragbar ist. Auch Übertragungen von der Mutter auf ihr Kind werden dadurch verhindert.
AIDS bekämpft, aber nicht besiegt
Trotz wissenschaftlichem Fortschritt ist AIDS noch lange nicht besiegt. Während Corona derzeit in aller Munde ist, vergessen sogar einige, dass auch AIDS eine globale Pandemie ist. So infizierten sich laut RKI im Jahr 2019 über 2.600 Menschen neu mit HIV. Bis Ende 2018 lebten rund 87.900 Menschen mit HIV in Deutschland. Davon 71.400 mit medikamentöser Behandlung. Allerdings leben in Deutschland nach Hochrechnungen etwa 10.600 Menschen, die nichts von ihrer HIV-Erkrankung wissen. Wird diese nicht medikamentös behandelt, nimmt der Körper schwere Schäden. Ebenso bei etwa 1.000 der Neudiagnosen, die erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wurden.
Die Früherkennung zeigt indessen eine sehr gute Wirkung: In Deutschland sind 88 Prozent der HIV-Infektionen diagnostiziert, 93 Prozent der Diagnostizierten erhalten HIV-Medikamente, bei 95 Prozent davon ist HIV nicht mehr nachweisbar.
Medizinischer Fortschritt befeuert Verbreitung
Doch worin liegt nun der Ursprung des Virus? Während AIDS erst in den USA der 80er Jahre traurige Berühmtheit erlangte, übertrug sich das Virus Forschungen zufolge bereits rund um die 1920er Jahre auf den Menschen. Wissenschaftler aus Boston stellten bei einigen ihrer Laboraffen Symptome fest, die denen der AIDS-Patienten glichen. Die Forscher nannten das ähnliche Virus SIV (Simian Immunodeficiency Virus). In Folge stellten Mikrobiologen fest, dass es unter wildlebenden, afrikanischen Affen etwa 40 Arten der SIV Virus gab. Die Schlussfolgerung ergab: Das Virus wurde von einem Affen auf den Menschen übertragen und mutierte.
Medizinische Experimente des 20. Jahrhunderts, bei denen teils Organe von Affe zu Mensch transplantiert wurden, ermöglichten eine weitere Ausbreitung des Virus. Auch der medizinische Fortschritt des Impfens beschleunigte die Ausbreitung. Um Tropenkrankheiten während der Kolonialisierung einzudämmen, wurden große Teile Kameruns sowie der kongolesischen Bevölkerung geimpft. Aus Mangel an Materialien verwendeten Ärzte jedoch Spritzen mehrfach für Impfungen. Betrachtet man die heutige Anzahl an HIV-Übertragungen (2019 circa 360 Menschen) durch infiziertes Besteck Drogenabhängiger, so würde sich erklären, wie sich HIV in Zentralafrika schnell verbreiten konnte.
Zudem befeuerte die wachsende Kolonialisierung die Verstädterung der Länder. Die Prostitution wuchs und erreichte nach wirtschaftlichen Einbrüchen ungeahnte Dimensionen. Parallel stiegen die Zahlen der HIV-Infektionen. Auch Europäer und Amerikaner, die sich während dieser Zeit in Risikogebieten befanden, infizierten sich in dieser Zeit und verbreiteten das Virus in der Heimat weiter.
Globales Ungleichgewicht in der Behandlung
Die traurige Ironie: Nachdem sich das Virus durch das Einwirken Fremder in Afrika rapide verbreitete, gibt es ausgerechnet im Ursprungsland sowie ärmeren Regionen der Welt Millionen Menschen, die nicht von den Fortschritten im Engagement gegen HIV profitieren. Mehr als 850.000 Kinder – zwei Drittel davon älter als fünf Jahre – bekommen keine HIV-Medikamente, jedes fünfte davon lebt in Südafrika. Mehr als 95.000 Kinder davon sind 2019 an den Folgen von Aids verstorben.
Während Neuinfektionen zudem in westlichen Ländern sinken, steigen die Zahlen in Osteuropa und Zentralasien hingegen um 72 Prozent. In Lateinamerika um 21 Prozent und im Nahen Osten und in Nordafrika um 22 Prozent. Ein Grund hierfür ist unter anderem die Unterdrückung der Frau, infolgedessen sie oft nicht frei eigene Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit treffen kann. Zudem mangelt es an Test-Möglichkeiten und Aufklärung.
Prävention und Aufklärung
Im Vergleich zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, gibt es gegen HIV bisher noch keinen Impfstoff oder Heilung. Umso wichtiger ist es, Präventionsmaßnahmen durch Aufklärung zu vermitteln. Und für geschützten und verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Sexualität zu sorgen. So will auch der Welt-AIDS Tag, jährlich am 1. Dezember, Solidarität mit Menschen mit HIV und AIDS fördern und Diskriminierung entgegenwirken. Er erinnert an die Menschen, die an den Folgen der Infektion verstorben sind. Und er ruft dazu auf, weltweit Zugang für alle zu Prävention und Versorgung zu schaffen. Denn bisher haben nur etwa 67 Prozent aller Betroffenen weltweit Zugang zu Medikamenten.
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